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Digitale Transformation und EQ

Spätestens seit die renommierten Wissenschafter Michael A. Osborne und Carl Benedikt Frey im Jahr 2013 die viel beachtete Aussage gewagt haben, dass ca. 50 Prozent aller heutigen Jobs in den nächsten 20 Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die zunehmende Automatisierung überflüssig gemacht werden, wird oft darüber debattiert, ob bzw. in welchem Mass Arbeit an sich in Zukunft ein immer knapperes Gut sein wird. So haben die beiden Forscher die Prognose formuliert, dass nicht nur Industriearbeiter allmählich von Robotern verdrängt werden, sondern dass auch Chauffeure durch autonom navigierende Fahrzeuge ersetzt werden. Zudem werde der boomende Online-Handel früher oder später zwangsläufig dazu führen, dass viele Verkäuferinnen und Verkäufer ihre Stelle verlieren werden. Aber auch höher qualifizierte Berufe werden von dieser tiefgreifenden Wandlung betroffen sein. So werden Computer beispielsweise Röntgenbilder bald besser interpretieren können als Ärzte und manche Gerichtsakten werden in Zukunft wohl effizienter mit Hilfe von Algorithmen gesichtet als von juristischem Fachpersonal. So erstaunt es nicht, dass weltweit bekannte Anwaltskanzleien sich bereits heute stark interessieren für bestimmte IT-Tools, die dazu in der Lage sind, einfachere juristische Routinearbeiten selbständig zu erledigen. Es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung sich umso rascher beschleunigen wird, sobald im Bereich der künstlichen Intelligenz weitere Fortschritte erzielt werden. So werden allmählich immer komplexere Aufgaben von Robotern übernommen werden können.

Dabei stellt sich natürlich auch die Frage im Rahmen unserer Assessment in Bern und Zürich, welche Jobs in Zukunft von Maschinen am wenigsten bedroht sind bzw. auf welche menschlichen Fähigkeiten man auch in Zukunft am wenigsten wird verzichten können. Der amerikanische Publizist Thomas Friedman warf in diesem Zusammenhang zunächst einen Blick zurück in die Vergangenheit und wies auf bereits abgeschlossene Entwicklungsschritte hin. So arbeiteten vor der industriellen Revolution die allermeisten Menschen mit ihren Händen. Erst die Erfindung der Dampfmaschine – und später des Elektro- und Verbrennungsmotors – führte dazu, dass rein manuelle Tätigkeiten immer mehr von Maschinen übernommen wurden und dadurch entsprechend auch Arbeitsplätze verloren gingen. Parallel dazu entstand natürlich eine Vielzahl von neuen Aufgabengebieten, wobei man als Fazit zusammenfassen kann, dass seither die meisten Menschen nicht mehr mit den Händen, sondern mit dem Kopf arbeiten. Gefragt waren nicht mehr Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit, sondern die menschlichen kognitiven Fähigkeiten, die Motoren nicht besitzen. Doch schon heute zeichnet sich bereits ab, dass die Maschinen der zweiten Generation – also die Computer und Roboter – unseren Köpfen in mancherlei Hinsicht überlegen sind. Und diese Entwicklung wird sich noch verstärken. Die Zukunft wird deshalb den Berufen gehören, in denen man weder mit den Händen noch mit dem Kopf, sondern vor allem mit dem Herzen arbeitet, so Friedman. Berufe also, in denen psychologisches Geschick, Empathie und Kreativität gefordert sind, werden somit schon insofern immer wichtiger werden, als diese Aufgaben wohl auch in der (zumindest mittelfristigen) Zukunft nicht von Maschinen übernommen werden können.
Wer heute also die enorme Bedeutung von EQ in der Arbeitswelt - eine Fähigkeit, die man zum Beispiel im Rahmen von Assessments gut beurteilen kann - immer noch nicht als klare Tatsache anerkennt und stattdessen die Diskussion über emotionale Fähigkeiten immer noch als blosse Modeerscheinung betrachtet, scheint weder für die Gegenwart noch für die Zukunft wirklich gerüstet zu sein.

Wir bleiben dran.

Bob Schneider
18.09.2017Bob Schneider
Tags: Digitale Transformation