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Timeline 2001 bis 2021 - Personalvermittlung und emotionale Intelligenz (EQ)

Wir schreiben das Jahr 2001: Im Saal eines Berner Restaurants tagt der Vorstand eines nationalen Branchenverbandes. Als Haupttraktandum stehen die Pensionierung des langjährigen Direktors sowie die Nachfolgelösung an. Der Präsident informiert über das Vorgehen und gibt bekannt, dass die iek Institut für emotionale Kompetenz AG (iek) mit dem Rekrutierungsprozess beauftragt wird. Eine hochgezogene Augenbraue hier, ein feines Stirnrunzeln da – und in den meisten Köpfen ein grosses Fragezeichen: Was steckt hinter dem ungewöhnlichen Namen dieser Kaderselektionsfirma? Das war vor 20 Jahren. Mittlerweile ist die Berücksichtigung der emotionalen Intelligenz (EQ) in der Personalvermittlung selbstverständlich.

Daniel Goleman und EQ
Ende der 90er Jahre schrieb der an der Harvard-Universität lehrende Psychologe Daniel Goleman sein zweites Buch über emotionale Intelligenz. Er gab ihm den Titel «EQ – der Erfolgsquotient» und stellte darin auf Basis umfangreicher Untersuchungen bei zahlreichen internationalen Unternehmen eine viel beachtete These auf: Besonders erfolgreiche Führungskräfte verfügen in der Regel über besser entwickelte emotionale Kompetenzen als durchschnittlich erfolgreiche Führungskräfte. Zudem brachte er neue Gedanken zum Stellenwert einer emotional intelligenten Unternehmenskultur und deren Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens in die Fachdiskussion ein.

Stress, Burn-out und die Folgekosten
Eine im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft durchgeführte Studie zeigte um die Jahrtausendwende auf, dass Stress in der Schweizer Arbeitswelt jährliche Kosten in der Höhe von 4,2 Milliarden Franken verursacht. Laut einer Mitteilung des Bundesamtes für Statistik gab fast die Hälfte der befragten Erwerbstätigen im Rahmen der «Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2002» an, dass sie sich am Arbeitsplatz durch starken psychischen Druck beeinträchtigt fühlt. Nach diesen Untersuchungsergebnissen begannen die Unternehmen in erste Massnahmen im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) zu investieren. Doch schon bald setzte sich die ernüchternde Erkenntnis durch, dass es mit der unentgeltlichen Abgabe von Wasser und Obst nicht getan ist. Die grosse Bedeutung der sogenannt weichen Faktoren wie Betriebsklima, Unternehmenskultur und Führungsstil wurde auch im Kontext der BGF immer deutlicher.

Der Einfluss der positiven Psychologie
Man weiss nicht genau, ob es wirklich der Dalai Lama war, der vor vielen Jahren den Stein ins Rollen gebracht hatte, als er an einem Kongress westliche Wissenschaftler fragte, warum sie denn so viel Energie in die Frage investieren würden , was alles die Menschen krank macht – und warum sie sich so wenig damit beschäftigen würden, was die Menschen gesund erhält und glücklich macht. Jedenfalls kam es damals zu einem Paradigmenwechsel: Nicht mehr die Krankheit stand im Interesse der Forschung, sondern die Gesundheit. Bei diesem Ansatz spielen positive Emotionen eine zentrale Rolle. Vereinfacht gesagt: Wer positive Emotionen zeigen und sie in seiner Umgebung auslösen kann, tut nicht nur etwas für das eigene Glück, sondern auch etwas für die eigene Gesundheit und jene der andern. Dies gilt insbesondere auch für die Arbeitswelt.

«Positive Leadership» und die Grenzen der herkömmlichen Kompetenzmodelle
Es ist heute unbestritten, dass die Führungskräfte das Arbeitsklima – und damit auch auf die Produktivität und die Leistungsbereitschaft - ihres Teams entscheidend beeinflussen. Dabei rückt die Frage in den Vordergrund, wie sie denn ihre Mitarbeitenden am besten führen sollen, um die gewünschten Effekte zu erreichen. Während herkömmliche Kompetenzmodelle diese entscheidende Dimension nur halbwegs erfassen, liefert das Modell von «Positive Leadership» hierzu einen hervorragenden Beitrag. Eng damit im Zusammenhang stehen beispielsweise der vielzitierte Flow-Ansatz aus der Glücksforschung oder das Grid-Konzept, bei welchem die Betroffenen zu Beteiligten gemacht werden. EQ gilt auch hier als zentrale Schlüsselkompetenz. Unternehmen wie IKEA, Thalia, Globus und Unilever setzen diese Ansätze und Instrumente seit einigen Jahren erfolgreich ein zum Aufbau einer positiven Unternehmenskultur.

Achtsamkeit in der Führung
Gute Führung beginnt bei sich selbst. Wer andere gut führen will, muss zunächst sich selbst gut führen können. In unserer «VUCA-Welt»*  sind die Anforderungen an die Führungskräfte noch einmal gestiegen. Nur wer achtsam mit sich selbst umzugehen weiss, ist in der Lage, das Hamsterrad zu verlassen und dem täglichen Stress mit der nötigen inneren Ruhe und Gelassenheit zu begegnen. Hier setzt beispielsweise auch das weltweit angewandte Führungskräfteentwicklungsprogramm von Google «Search Inside Yourself» an, welches mittlerweile seinen Weg nach Europa (zum Beispiel SAP) und in die Schweiz (zum Beispiel Axpo) gefunden hat. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich dieses Programm als gezieltes EQ-Training. Denn im Zentrum stehen die Begriffe «emotionale Selbstwahrnehmung», «emotionale Selbstkontrolle», «Empathie» und «soziale Kompetenz» - also die vier Hauptbestandteile von EQ.

Quantensprünge in den Neurowissenschaften
In den letzten 20 Jahren ist die Anzahl wissenschaftlicher Publikationen zum Thema EQ exponentiell angestiegen, was die Akzeptanz dieser Thematik im Managementumfeld zusätzlich erhöht hat. Man weiss heute einiges mehr als zu Beginn dieses Jahrhunderts und kann nachweisen, dass viele der hier angetönten Zusammenhänge wirklich stimmen und die angewandten Methoden tatsächlich etwas bewirken. Der bewusste Umgang mit Emotionen hat die esoterische Ecke längst verlassen und ist zu einem der wichtigsten Themen der Managementforschung geworden. C. Otto Scharmer, der Begründer der Theorie U, meinte gar, dass Achtsamkeit wohl zu der Führungskompetenz des 21. Jahrhunderts schlechthin geworden ist.

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2021: Im Dialog mit unseren Kunden weisen wir darauf hin, dass wir in der Personalvermittlung stets die EQ-Dimensionen beachten und nicht nur die fachlichen, sondern auch die sozialen und emotionalen Kompetenzen der Kandidaten und Kandidatinnen mitberücksichtigen. Damit befinden wir uns heute in bester Gesellschaft, weil dieser Ansatz mittlerweile selbstverständlich ist und breite Akzeptanz geniesst. Mitunter etwas vergessen geht, dass wir im professionellen Umgang damit nun schon seit 20 Jahren wertvolle Erfahrungen sammeln, die wir unseren Kunden zur Verfügung stellen können.


Karin Grisenti Schneider, Mitgründerin und Geschäftsleitungsmitglied von iek


*VUCA ist die Abkürzung für Volatilität (Volatility), Unsicherheit (Uncertainty), Komplexität (Complexity) und Vieldeutigkeit (Ambiguity). Diese vier Faktoren werden immer wichtiger und haben unsere Lebens- und Arbeitswelten bereits entsprechend verändert



Karin Grisenti Schneider
15.02.2021Karin Grisenti Schneider
Tags: Jubiläum: 20 Jahre iek