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Wie du dich auf dein nächstes Assessment erfolgreich vorbereiten kannst

Wer sich auf eine Stelle mit Führungsverantwortung bewirbt und im Selektionsprozess bis gegen Schluss im Rennen bleibt, muss in der Regel damit rechnen, ein Assessment zu durchlaufen. Das kann ganz schön nervös machen und einem ein paar unruhige Nächte bescheren – vor allem, wenn man nicht genau weiss, was ein Assessment eigentlich ist und was da auf einem zukommt. In diesem Blog bekommst du ein paar wertvolle Informationen, so dass du die wilden Räubergeschichten und haarsträubenden Mythen, die man sich zuweilen über Assessments erzählt, getrost vergessen kannst.


Was ist eigentlich ein Assessment?

Assessment bedeutet «Beurteilung» oder «Einschätzung». Im Kontext von Personalselektions-Prozessen geht es bei einem Assessment darum, persönliche und professionelle Kompetenzen von Bewerbenden zu beurteilen und einzuordnen, um letztlich eine möglichst sinnvolle Personalentscheidung fällen zu können. Während früher bei einem Bewerbungsverfahren ausschliesslich die Kandidaten und Kandidatinnen geprüft wurden, hat sich dies mittlerweile im Kontext eines völlig veränderten Arbeitsmarktes ziemlich verändert, so dass heute eher beide Seiten auf dem Prüfstand stehen. Dies hat mittelfristig auch Auswirkungen auf die Assessments. So entwickeln sich moderne Assessments allmählich zu einem Ort, wo man gemeinsam der Frage nachgehen kann, ob und inwiefern Arbeitnehmer und Arbeitgeber gut zusammenpassen und eine zukünftige Zusammenarbeit für beide Seiten Sinn machen könnte.
Im Rahmen von Selektionsprozessen werden heutzutage von den zukünftigen Arbeitgebern vor allem halb- oder ganztägige Einzel-Assessments bei einer dafür spezialisierten Drittfirma in Auftrag gegeben. Als Kandidat/-in hat man es am Assessment-Tag meistens mit zwei Assessoren/Assessorinnen zu tun, die selbst über Führungserfahrung und über einen psychologischen Ausbildungshintergrund verfügen.

Was macht man an einem Assessment?

Ein Einzel-Assessment besteht meist aus den folgenden Teilen:

  • Im Rahmen eines ausführlichen Interviews wirst du in der Regel über deine Motivation für die Stellenbewerbung sowie über deine aktuelle Situation befragt. Je nach Interesse der Arbeitgeberfirma kommen weitere Themen hinzu, wobei sich dieses Interview inhaltlich nicht völlig unterscheidet von anderen Job-Interviews.
  • Ein weiterer wichtiger Bestandteil eines Einzel-Assessments bilden interaktive Übungen. Meist handelt es sich um Rollenspiele oder Präsentationsübungen. Du bekommst dabei in der Regel die Aufgabenstellung schriftlich und hast dann Zeit, dich entsprechend darauf vorzubereiten. Dann wird die Übung durchgespeilt. Bei den Rollenspielen geht es meist um Konflikte oder schwierige Mitarbeitergespräche und man möchte in Erfahrung bringen, wie du mit solchen konkreten Situationen umgehst. Bei einigen Assessmentfirmen kriegst du unmittelbar danach bereits ein Feedback, bei anderen Firmen bekommst du dieses Feedback erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines Feedbackgesprächs. Es gibt zudem auch Firmen, die mit Video-Feedback arbeiten. Das heisst, dass die Übung aufgezeichnet wird und man danach gemeinsam einige Übungssequenzen betrachtet und sich darüber unterhält.
  • Persönlichkeitsprofile: Bei zahlreichen Assessmentanbietern musst du vor dem Assessment ein bis zwei Online-Fragebogen zu deiner Persönlichkeit ausfüllen. Diese Fragebogen werden dann ausgewertet und die Ergebnisse mit dir am Assessmenttag besprochen. Hier geht es darum zu erfahren, wie du mit diesen Ergebnissen umgehst und inwiefern du in der Lage bist, über dich und dein Verhalten wohlwollend kritisch zu reflektieren.
  • Im Rahmen einer Fallstudie wirst du mit einem konkreten Fall (meist aus der Praxis des möglichen zukünftigen Arbeitgebers stammend) konfrontiert, bei dem deine analytischen Fähigkeiten, dein strategisches Denkvermögen sowie deine Problemlösungskompetenzen überprüft werden.
  • Schliesslich werden zuweilen auch (aber eher mit abnehmender Häufigkeit) sogenannte Postkorbübungen durchgeführt. Dabei wird primär deine Organisations-, Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit getestet – vor allem wenn du unter Zeitdruck stehst. Im Rahmen eines engen Zeitfensters musst du einen Stapel an Nachrichten und Dokumenten abarbeiten. Danach wird beurteilt, wie du vorgegangen bist – insbesondere ob du sinnvoll und effizient koordiniert und delegiert hast.


Wie verhalte ich mich am besten bei einem Assessment?

Mittlerweile gibt es ja bereits ganze Fachbücher darüber, wie man sich bei einem Assessment am besten verhalten soll. Ich persönlich finde diese Art von Ratgeberliteratur vor allem insofern eher wenig hilfreich, weil sie einen eher nervös machen und dazu verleiten, nicht mehr sich selbst zu sein. Und das ist der grösste Fehler, den man machen kann. Hier ein paar Punkte, auf die ich an deiner Stelle achten würde:


  • Inhaltliche Vorbereitung: Du musst nicht die letzten 10 Geschäftsberichte deines möglichen zukünftigen Arbeitgebers gelesen haben. Aber eine gewisse inhaltliche Vorbereitung – etwa im Sinne eines etwas ausführlicheren Blicks auf die betreffende Firmen-Website – ist sicher angebracht.
  • Du darfst dich ruhig bemühen, dich von deiner besten Seite zu zeigen. Aber übertreibe es nicht damit. Denn letztlich wird auch deine Ehrlichkeit und Offenheit eingeschätzt. Versuche nicht, ein Bild abzugeben, das dir gar nicht entspricht.
  • Authentisch sein: Am besten versuchst du gar nicht erst, als Person mit bestimmten Eigenschaften zu erscheinen, die du nicht hast, sondern einfach denkst, dass man mit diesen Eigenschaften wohl beim Arbeitgeber bzw. bei der Assessment-Firma punkten könnte. Denn das ist – über einen ganzen Tag gesehen – sehr anstrengend und dabei wenig zielführend. Denn vergiss nicht: Du hast es meist mit einem erfahrenen Assessoren-Team zu tun – und die merken in der Regel recht schnell, wenn du nicht authentisch bist.
  • Komm ausgeschlafen und ausgeruht: Der Tag kann gut oder weniger gut verlaufen. Aber in der Regel wird er dich schon etwas fordern.
  • Komm pünktlich und nicht «under-dressed»: Es mag vielleicht etwas altmodisch klingen, aber ich würde diesem Punkt die nötige Beachtung schenken. Denn Pünktlichkeit ist im modernen Management eine Selbstverständlichkeit. Und die Fähigkeit, einigermassen einschätzen zu können, welcher Dresscode angezeigt sein könnte, ebenfalls. Du musst dich nicht unbedingt in Schale werfen. Aber im Zweifelsfall ist «over-dressed» immer noch besser als «under-dressed».
  • Wenn du dich offen und interessiert an deiner persönlichen Weiterentwicklung zeigst, dann hast du bereits einen Bonus. Aber mach es nur, wenn es auch zutrifft. Sonst kann es auch peinlich werden.
  • Bedenke: Nobody is perfect! Du darfst Schwächen zeigen und Fehler zugeben. Je realistischer und greifbarer dein Eindruck ist, den du beim Assessoren-Team hinterlässt, desto besser. Dies wiederum bedeutet nicht, dass du es mit Selbstkritik übertreiben sollst. Versuche eher eine Grundhaltung einzunehmen, die man als «wohlwollend-selbstkritisch» umschreiben könnte.


Was mache ich nach dem Assessment?

Je nachdem, wie gut du am Tag des Assessments drauf gewesen bist und wie gut du dort abgeschnitten hast, können deine Chancen für die Stelle gestiegen oder gesunken sein. Früher oder später wirst du auf jeden Fall ein Feedback erhalten. Dazu hast du ein Anrecht, das du einfordern solltest, falls man es dir nicht automatisch anbietet.

Falls du im Assessment erfolgreich abgeschnitten hast und die Stelle kriegst, dann freu dich darüber und lass dich auch etwas feiern! Du hast mit der Absolvierung dieses Assessments einen wichtigen Beitrag geleistet und mitgeholfen, die Chance zu erhöhen, dass es zu einer für beide Seiten befriedigenden Zusammenarbeit kommt.

Falls es nicht gereicht hat und man einen anderen Bewerber dir vorgezogen hat, solltest du eines bedenken: Wie bei jedem erhaltenen Feedback gilt auch hier: Als Feedbackempfänger bist du immer frei in der Entscheidung, das erhaltene Feedback für dich persönlich zu überprüfen, es allenfalls anzunehmen und als Chance zur Weiterentwicklung zu nutzen – oder es allenfalls eben auch abzulehnen. Denn letztlich handelt es sich einfach um eine Rückmeldung, die nicht per se zu 100% der Wahrheit entsprechen muss. Egal was du damit machst – übernimm aber die Verantwortung für deine Entscheidung.

Bob Schneider
14.11.2023Bob Schneider
Tags: Assessment